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In den vergangenen vier Wochen hatte ich die Möglichkeit den 3D-Drucker Anycubic i3 Mega S auszuprobieren. Das war mein erster Kontakt mit dem Thema 3D-Druck und ich habe viel dazugelernt. Natürlich kann ich dementsprechend keinen fundierten Vergleichstest liefern - dazu fehlen mir einfach noch Erfahrungen und Wissen. Ich möchte mich vielmehr der Fragestellung widmen, wie einfach der Einstieg in den 3D-Druck gelingt und wie schnell man zu brauchbaren Druckergebnissen kommen kann. 

 

Lieferumfang und Installation

Der UPS-Zusteller war sichtlich erfreut, mich beim ersten Zustellversuch anzutreffen. Das konnte ich bei der Übernahme des Kartons auch schnell nachvollziehen: die Versandverpackung bringt 16,5kg auf die Waage.


Der Anycubic i3 Mega S wird vormontiert ausgeliefert und besteht im Wesentlichen aus zwei Bauteilen: der Basis mit Druckbett und Elektronik und einem U-förmigen Rahmen mit dem Druckkopf. Außerdem werden ein Spulenhalter für das Filament, ein Filamentsensor, ein Spachtel, ein Filamentschneider, diverses Werkzeug, eine Ersatz-Düse (Nozzle) und eine Anleitung mitgeliefert. Das O2-Angetestet-Team hat freundlicherweise noch 2 Spulen Filament (blau und orange) beigelegt. 

Der Zusammenbau des Anycubic i3 Mega S ist in 5-10 Minuten erledigt. Man setzt dazu einfach die Basis des Geräts in den Rahmen ein und verbindet beide Teile mittels acht Schrauben. Ein passender Innensechskantschlüssel liegt bei. Anschließend müssen noch drei farblich markiert Kabel aus dem Rahmen mit den entsprechenden Buchsen der Basis verbunden werden. Zum Abschluss bringt man noch den Halter für die Filamentspule und den Filamentsensor am Rahmen an. Nachdem man sich versichert hat, dass der Spannungswahlschalter korrekt auf 220V eingestellt ist, kann man den Drucker mit dem Stromnetz verbinden.
Insgesamt macht die Konstruktion des Anycubic i3 Mega S einen sehr soliden Eindruck. Das Gehäuse ist aus Stahlblech gefertigt. Alle Verbindungen sind spielfrei ausgeführt und die Rahmenkonstruktion wirkt sehr verwindungssteif.

Einschalten, Levelling und erste Probleme

Beim 3D-Druck wird das Kunststoffmaterial des Filaments im Hotend geschmolzen und schichtweise auf die Druckfläche aufgetragen. Das Druckbett stellt dabei die x-y-Ebene dar. Die x-Achse wird beim Anycubic i3 Mega S durch die Bewegung des Druckkopfs von links nach rechts dargestellt. Die y-Koordinate wird über eine Vor- und Zurück-Bewegung des Druckbetts angesteuert. Die Ausdehnung des Druckobjekts in Richtung der z-Achse erfolgt durch eine Vergrößerung des Abstands zwischen Druckkopf und Druckbett mittels zweier Gewindestangen im Rahmen. 

Wenn man sich die schichtweise Entstehung des 3D-Drucks vergegenwärtigt, erscheint es nachvollziehbar, dass es zunächst darauf ankommt, eine gute Ausgangsposition für den Druck herzustellen. Dies findet beim sogenannten Levelling statt. Dabei stellt man den Abstand zwischen der Druckdüse (Nozzle) und dem Druckbett so ein, dass dieser über das gesamte Druckbett hinweg gleichbleibend ist. Um eine gute Haftung des Drucks auf dem Druckbett zu erreichen, darf dieser Abstand weder zu groß noch zu klein sein. In der Praxis fährt man dazu die Nozzle auf die Nullposition in z-Richtung und ändert den Abstand mit Einstellrädern unter den vier Ecken des Druckbetts. Dabei legt man ein Blatt Papier zwischen Nozzle und Druckbett und versucht den Widerstand beim Herausziehen des Papiers an verschiedenen Positionen auf dem Druckbett gleich einzustellen.

Und hier ergab sich bei mir bereits das erste Problem. Irgendetwas hatte sich beim Transport so verstellt, dass der Drucker die Endposition auf der y-Achse gar nicht erreichte und auf der z-Achse bereits einen Kontakt meldete, wenn die Druckdüse noch mehrere Zentimeter vom Druckbett entfernt ist. 
Der Drucker fährt vor dem Start eines Drucks jeweils einmal den Endpunkt in x- und in y-Richtung, sowie den Nullpunkt in z-Richtung an. Dort befinden sich jeweils Schalter, die der Elektronik das Erreichen des Endpunkts signalisieren. Findet das nicht statt, dreht der Schrittmotor einfach weiter und der Zahnriemen "rattert" durch. Nach einigem "googlen" konnte ich das Problem auf der y-Achse zumindest vorübergehend mit einem Stückchen Papier vor dem Endschalter lösen. Den Nullpunkt der z-Achse konnte ich über entsprechende Einstellschrauben anpassen.

Notlösung für den Endschalter der y-Achse

Jetzt stand auch dem Druckbett-Levelling nichts mehr im Weg. Ich versuchte also den Abstand zwischen Druckbett und Nozzle so einzustellen, dass sich an allen vier Ecken und in der Mitte des Druckbetts ein gleicher Widerstand beim Durchziehen des Papiers ergab. Dazu braucht man etwas Fingerspitzengefühl, aber nach einigen Durchgängen war ich schließlich mit dem Levelling zufrieden und startete den ersten Testdruck.

 

Der erste Druck

Zum Ausprobieren befindet sich auf der mitgelieferten SD-Karte des Anycubic i3 Mega S bereits eine Druckdatei für zwei Eulen. In dieser Datei stehen Anweisungen in Maschinensprache (G-Code), die alle Parameter des Druckers steuern, um letztendlich (hoffentlich) das gewünschte dreidimensionale Objekt zu drucken.
Nach dem Einlegen der SD-Karte kann man den Druck über das farbige (resistive) Touchdisplay des Druckers starten. Das Menü des i3 Mega S ist recht übersichtlich gestaltet. Der Touchscreen ist gut ablesbar und erleichtert die Bedienung.

Ich startete also den Druck und beobachtete fasziniert, wie sich die zwei Eulen Schicht für Schicht aufbauten. Das kann, je nach Größe des Objektes und eingestellter Schichtdicke, viele Stunden dauern. Hier ist also Geduld gefordert. 
Die Test-Eulen standen allerdings bereits nach 1 Stunde und 22 Minuten auf dem Druckbett. Von den anfänglichen Problemen einmal abgesehen, kommt man also ziemlich schnell zu seinem ersten Erfolgserlebnis. 

Eulenpaar: Mein erster 3D-Druck

Der Anycubic i3 Mega S ist beim Drucken ziemlich deutlich wahrnehmbar. Die Lüfter rauschen und geben außerdem einen hochfrequenten Ton ab. Die Schrittmotoren gehen ziemlich "rustikal" zu Werke und ich würde sie definitiv nicht als leise bezeichnen. Wegen der offenen Bauform des i3 Mega S wird das Betriebsgeräusch natürlich auch nicht gedämpft. Der Drucker sollte außerdem auf einem stabilen Tisch aufgestellt werden, da sich die Bewegungen auf den Untergrund übertragen.
Ich verwende PLA-Filament und die Geruchsentwicklung hält sich dabei sehr in Grenzen. Dennoch sollte man beim 3D-Druck wohl auf eine gute Belüftung achten. 
Vor allem wegen des Druckgeräusches wäre es optimal, den 3D-Drucker in einem separaten Keller- oder Hobbyraum zu betreiben. Ich musste das Gerät leider in meiner Altbauwohnung aufstellen. Um meine Nerven (und die meiner Nachbarn) nicht übermäßig zu strapazieren, beschränkte ich mich bei meinen Drucken auf eine maximale Druckzeit von etwa acht Stunden ausschließlich tagsüber. 

 

3D-Modelle

Im Netz gibt es diverse Webseiten, die fertige Objekte für den 3D-Druck anbieten, wie z.B. thingiverse.com. Dort kann man sogenannte STL-Dateien (Standard Triangle Language) herunterladen, die dann noch für den eigenen 3D-Drucker in Maschinensprache "übersetzt" werden müssen. Diese Übersetzung nennt man Slicing und man verwendet dazu eine Slicing-Software, wie z.B. Cura. Dabei werden die Gegebenheiten des eigenen Druckers durch das Wählen eines entsprechenden Profils und das Anpassen verschiedener Druckparameter berücksichtigt.
Die erhaltene G-Code-Datei kopiert man im Anschluss auf eine SD-Karte, legt diese in den Drucker ein und kann anschließend den Druck starten.

Slicing-Software Cura

 

Nochmal leveln und kalibrieren

Für meinen Test hatte ich mir bereits verschiedene Druckobjekte auf Thingiverse ausgesucht. Leider zeigte sich bei meinem zweiten Druck, dass mein Levelling doch nicht so perfekt war, da sich das Objekt während des Drucks von der Druckplatte löste. Also wiederholte ich das Levelling, startete einen Testdruck und levelte erneut - so lange bis ich wirklich zufrieden war. 

Mittlerweile hatte ich ein bisschen in das Thema eingearbeitet, in diversen Foren nachgelesen und einschlägige Youtube-Videos angesehen. Um eine bessere Druckqualität zu erhalten und um maßhaltig drucken zu können, beschäftigte ich mich mit den Themen First Layer, Kalibrierung des Druckers, Drucktemperatur  und diversen Slicer-Einstellungen. Ich kalibrierte den Extruder, d.h. das Gerät, welches das Filament zum Hotend befördert, die Achsen usw. 
Das möchte ich hier nicht alles im Detail darlegen, aber ich denke anhand meiner Beschreibung wird deutlich, dass es sich beim 3D-Druck um ein Hobby handelt, in das man ziemlich tief einsteigen kann. Die ersten Ergebnisse hält man relativ schnell in Händen. Wenn man aber seine Druckqualität verbessern möchte, wird es recht komplex. Es gibt eine Vielzahl an Parametern, die den Druck beeinflussen können. Das fängt bei der richtigen  Kalibrierung des Druckers an und hört bei geeigneten Einstellungen im Slicer (Schichthöhe, Drucktemperatur etc.) nicht auf. 

 

Meine 3D-Drucke

Ich hatte mir vorgenommen, neben einigen Deko-Objekten auch nützliche Dinge für mein Smart Home und den Alltag drucken. Nachfolgend zeige ich euch ein paar meiner Ergebnisse.

 

Batman / The Dark Knight

Batman: Druck mit blauem Filament
Nach der Lackierung mit Acryl-Lack

 

"Osterhasi" :rabbit:

 

Stand für XBox-Controller

 

Wetterschutzgehäuse

Der Temperatur- und Luftfeuchtigkeitssensor ist eigentlich nur  für Innenräume gedacht, aber mit einem passenden Gehäuse hält er auch dem Außeneinsatz stand.

 

Aufbewahrung für Akkus

 

 

Gehäuse für Raspberry Pi Zero

Gehäuse für einen Raspberry Pi Zero im Homekit-Design


 

 

Leuchten im Stil einer Hue Signe-Tischlampe


Ich setze bei mir in der Wohnung seit einigen Jahren smarte Beleuchtung aus dem Philips Hue-System ein. Besonders gut gefallen mir die Hue Signe-Leuchten, die einen Farbverlauf darstellen können. Leider sind diese sehr teuer - und so viel Geld war mir der Spaß dann doch nicht wert.
Bei Thingiverse entdeckte ich dann ein DIY-Projekt, bei dem man sehr ähnliche Lampen mit  Hilfe des 3D-Druckers und etwas Elektronik-Bastelei selbst nachbauen kann. Ich habe mir also die Druckdateien heruntergeladen und das Gehäuse, das aus einer Bodenplatte, einem Rand und einem Deckel besteht, gedruckt. Der Anycubic i3 Mega S benötigte dazu insgesamt etwa 16 Stunden. 
Mit einem Alu-LED-Profil, einem adressierbaren LED-Streifen, einem Mikrocontroller und einem Netzteil konnte ich die Lampe dann nachbauen. Das Ergebnis gefällt mir außerordentlich gut - insbesondere weil ich sie selbst gebaut habe und sie in der DIY-Variante natürlich auch nur einen Bruchteil des Originals kostet :-)

Druck des Deckels

 

Innenleben mit Elektronik
3D-gedrucktes Gehäuse
Gehäuse mit Alu-LED-Profil
Leuchte in Betrieb

 

Letztendlich konnte ich alle Modelle, auch als Anfänger, in einer annehmbaren Qualität drucken. Bei manchen Drucken musste ich die Skalierung im Slicer anpassen, damit die Maße passten. Die Druckzeit lag, je nach Größe und Auflösung zwischen einer und etwa acht Stunden pro Bauteil. 

 

Selbst Modelle für 3D-Druck erstellen

Bisher hatte ich alle STL-Dateien für meine 3D-Drucke fertig aus dem Netz geladen. Man kann aber auch selbst ein 3D-Modell erstellen und dieses dann drucken. Dazu eignet sich etwa die Software Autodesk 360 Fusion, die von nicht-kommerziellen Privatanwendern kostenlos genutzt werden kann. Um dieses mächtige Tool zu beherrschen ist allerdings einiges an Einarbeitung erforderlich. Es gibt aber auch zugänglichere Alternativen, wie z.B. Tinkercad.
Für meine DIY-Leuchte brauchte ich noch eine Endkappe, die das Aluprofil oben abschließt. Die Versandkosten für fertige Endkappen waren mir zu teuer, daher entschloss ich mich, die Kappen selbst herzustellen.

Konstruktion in Fusion 360


Ein Youtube-Tutorial und mehrere Testversionen später konnte ich die fertigen Endkappen vom Druckbett des Anycubic i3 Mega S lösen - und sie passen.

Druck meines Entwurfs

Darin liegt für mich ein besonderer Reiz des Hobbies "3D-Druck": man kann eigene Ideen umsetzen und ein Produkt herstellen, obwohl man vielleicht nicht über die erforderlichen handwerklichen Fähigkeiten dazu verfügt.

 

Mein Fazit

Ich hatte hier nicht das Ziel, einen umfassenden, fundierten Testbericht abzuliefern. Vielmehr wollte ich meine ersten Erfahrungen mit dem 3D-Drucker teilen und zeigen, was innerhalb kurzer Zeit möglich ist. 
Der 3D-Druck ist ein sehr interessantes Hobby mit dem man sich sehr intensiv auseinandersetzen kann; der Einstieg ist inzwischen sehr preiswert möglich und man kann auch mit recht günstigen Geräten, wie dem Anycubic i3 Mega S, brauchbare Ergebnisse erzielen.
Besonders faszinierend finde ich die Möglichkeit, 3D-Objekte selbst zu gestalten, diese auszudrucken und anschließend in der Hand halten zu können. Das ist gerade für jemanden, der handwerklich nicht wahnsinnig begabt ist, eine sehr schöne Erfahrung. 
Wenn ich einen separaten Hobbyraum hätte, würde ich mir definitiv einen eigenen 3D-Drucker anschaffen.

Der Anycubic i3 Mega S war der erste 3D-Drucker, den ich selbst genutzt habe. Ich kann daher keine Vergleiche zu anderen Modellen ziehen. Ich halte den Anycubic i3 Mega S aber durchaus geeignet für den Einstieg in den 3D-Druck. Das Gerät ist solide gebaut, ordentlich verarbeitet und verfügt über eine nachvollziehbare Bedienung. Die Druckergebnisse finde ich, wenn man sich die Zeit zur richtigen Kalibrierung nimmt, durchaus zufriedenstellend. Wenn man mit dem Betriebsgeräusch leben kann ist der Anycubic i3 Mega S durchaus empfehlenswert.

Geiler Sch...äh… schick, sehr schick :-)

Bei dem Homezone-Häuschen kamen direkt sentimentale Erinnerungen hoch… hach… :-)


Super cool! Das hat Spaß gemacht zu lesen und anzusehen. Ich muss gestehen, damit kann man süße Sachen machen aber ein bisschen muss man sich wohl schon reinfuchsen. 


Was für ein Testbericht - ich finde den klasse!

Was man so alles mit einem 3D Drucker machen kann.

In der Familie haben wir einen 3D Drucker verschenkt vor ein paar Jahren. Seit dem läuft das Teil gefühlt immer. Da werden Schienen und Gebäude für die Eisenbahn gedruckt. :-D 

Und die Ideen, welche du umgesetzt hast, finde ich richtig cool. Insbesondere die Aufbewahrung für Akkus :-) Sowas kann man immer gebrauchen, damit sie nicht unnötig in der Schublade rumfliegen.


Mega geil, super Bericht und tolle Drucke. Glaube ich brauch auch noch einen 3D Drucker, war bisher wieso auch immer noch nicht auf meiner Beute - Liste. Aber vielleicht wird es im Vorfeld ja mal was damit das gute Stück testen zu dürfen ;)


Absoluter meeega Bericht ♥️

Ich bedanke mich, dass du dir so viel Zeit und Mühe gegeben hast, um die Community mit diesen super Testbericht zu beglücken. ♥️♥️


Absoluter meeega Bericht

Ich bedanke mich, dass du dir so viel Zeit und Mühe gegeben hast, um die Community mit diesen super Testbericht zu beglücken.

 

@o2_Steffen  für mich ein ziemlich heißer Bewerber auf den Testbericht des Monats...


Ich sage dir, die Hütte brennt auf jeden Fall bei diesen Bericht!

*brodel* *brodel* *knister* knister*


Wahnsinn! Wie kreativ! Ein schöner Bericht! Glückwunsch :)


Nun kann ich hier auch offiziell gratulieren 😃 Herzlichen Glückwunsch zum Testbericht des Monats.

So ein schöner detaillierter Bericht, es hat mir richtig Spaß gemacht, ihn zu lesen. 💙


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