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Experte Lukas Pohland im Interview über Tatbestand, Hintergründe, die Situation der Opfer, wie Eltern und Lehrer helfen können und welchen Einfluss die Corona-Situation auf die digitalen Übergriffe hat.

 

Gemeinsam mit jungen Experten, haben wir die Initiative #WAKEUP ins Leben gerufen. Die Initiative soll für das Thema Cybermobbing sensibilisieren und gibt durch eine Video-Serie Betroffenen, Eltern und Lehrern Tipps zum Umgang mit Cybermobbing. Einer der Gründer von #WAKEUP ist der 16-jährige Lukas Pohland. Früher selbst Opfer von Cybermobbing, macht sich der Schüler heute stark für Betroffene und ist professioneller Ansprechpartner für Lehrer und Eltern.

 

In Deutschland sind schätzungsweise 1,5 Millionen Schülerinnen und Schüler von Cybermobbing betroffen – ein Tatbestand, der längst kein Kavaliersdelikt mehr ist und immer häufiger zur Anzeige gebracht wird. Viele Betroffene fühlen sich häufig hilflos und vor allem schutzlos. Denn der Tatort ist nicht wie beim „herkömmlichen“ Mobbing der Pausenhof oder das Klassenzimmer, sondern das eigene Smartphone – und das hat man immer bei sich. Ein Umstand, der es Opfern besonders schwer macht, sich den Angriffen zu entziehen. Aktuellen Studien zu folge, begünstigen die Corona-Situation und die Bedingungen der „neuen Normalität“ Cybermobbing-Attacken zusätzlich.

 

 

Wir haben mit Lukas Pohland über die Situation der Opfer, wie Eltern oder Lehrer Betroffene unterstützen können und ob ein Smartphone-Verbot an Schulen die Lösung des Problems wäre, gesprochen.

 

Hallo Lukas, du engagierst dich ja bereits seit Jahren gegen Cybermobbing. Gibt es Altersgruppen, die besonders betroffen sind? Wird beispielsweise in der Pubertät häufiger bzw. intensiver gemobbt?

Lukas Pohland: Generell kann es in allen Altersklassen zu Cybermobbing kommen. Bereits Grundschüler sind betroffen, aber auch Erwachsene werden immer häufiger Opfer digitaler Übergriffe.

Nichtsdestotrotz spielt die Pubertät hier eine besondere Rolle, da sich Schülerinnen und Schüler in dieser Phase stark entwickeln und ausprobieren. Das Internet spielt dabei eine immer größere Rolle. Besonders die Vielfalt und die Bedeutung der sozialen Netzwerke hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.

 

Das stimmt! Viele Teenager nutzen häufig mehrere soziale Netzwerke parallel.  Auf welcher Plattform kommt es deiner Erfahrung nach am häufigsten zum Mobbing?  

Es gibt nicht DIE Plattform für Cybermobbing. Viel mehr gibt es keine Plattform, die frei von Mobbing-Attacken gegen Andere ist. Der Grund dafür ist, dass wir im digitalen Raum zwar ständig und überall kommunizieren können, es aber häufig an der persönlichen Beziehung und Empathie fehlt. Das lässt die Hemmschwelle sinken.

 

Glaubst du, dass man den Übergriffen durch ein konsequentes Smartphone- und Tablet-Verbot an Schulen entgegenwirken könnte?

Nein, es würde meines Erachtens wenig bringen digitale Endgeräte an Schulen strikt zu verbieten. Zumindest wird diese Maßnahme das Cybermobbing nicht wirklich eindämmen. Spätestens nach der Schule werden die Geräte rund um die Uhr genutzt.

Viel wichtiger ist an dieser Stelle Präventionsarbeit und professionelle Intervention an Schulen. Auf Basis von Aufklärung und Sensibilisierung lassen sich dann gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern Verhaltensregeln zur Nutzung von Smartphones erarbeiten, die dann auch für alle nachvollziehbar sind.

 

Du sagtest selber, dass das Cybermobbing nicht mit dem Verlassen des Schulgeländes endet. Wie erkenne ich als Elternteil, ob mein Kind Opfer von digitalen Übergriffen ist?

Cybermobbing ist nicht immer einfach zu erkennen. Es gibt keine generellen oder typischen „Symptome“. Das macht es besonders Eltern häufig noch schwieriger als Mitschülern, die Situation ihrer Kinder richtig einschätzen zu können. Als Indiz könnte jedoch eine plötzliche Persönlichkeits- oder Verhaltensänderung gewertet werden. Zieht sich der Sohn oder die Tochter immer mehr zurück, trifft er oder sie sich weniger mit Freunden oder hat sich das Essverhalten geändert? Diese Beobachtungen können natürlich auch andere Ursachen haben, dennoch sollten Eltern bei solchen Auffälligkeiten nachhaken.

Sollte das eigene Kind Opfer von Cybermobbing sein, ist es wichtig, dass Eltern die digitalen Angriffe ernst nehmen und nicht herunterspielen. Beispielsweise kann es eine große Unterstützung sein, Betroffene zu Gesprächen mit Lehrern oder anderen Stellen nicht nur zu ermutigen, sondern auch zu begleiten. Der erste Schritt ist es, dass Schweigen zu brechen und sich konkrete Unterstützung zu suchen. Damit ist der / die Betroffene der Situation nicht länger schutzlos ausgeliefert, was den Tätern die Macht raubt.

 

Warum ist Cybermobbing besonders „brutal“ und welche Folgen kann dies für die Opfer haben?

Das Schlimme der digitalen Übergriffe ist, dass Bilder und Fotos der Opfer ins Netz gestellt und beliebig oft geteilt werden. Wie sich das Material anschließend verbreitet, kann keiner mehr wirklich kontrollieren – weder Täter noch Opfer. Selbst wenn die unangenehmen Inhalte im Nachhinein gelöscht werden: Das Internet vergisst nur selten. Die Angriffe sind kaum vollständig aus dem Internet zu entfernen. So können diese auch noch Jahre später für neue Attacken genutzt werden und zukünftige Beziehungen oder sogar das Berufsleben belasten.

Dieses Beispiel beschreibt nur einen Aspekt der Folgen von Cybermobbing. Die Opfer kämpfen häufig noch Jahre später mit psychischen Problemen. Studien zufolge hegt jeder fünfte Betroffene Suizidgedanken.

 

 

Seit Corona findet noch mehr Kommunikation auf digitalen Plattformen statt. Hat das einen Einfluss auf Cybermobbing – wenn ja, welchen?

Ich habe von Anfang an vermutet, dass die Schulschließungen und die damit verbundene noch stärkere Nutzung des Internets und sozialer Netzwerke massive Auswirkungen auf Cybermobbing haben wird. Es fehlt hierzu zwar noch an deutschen Studien, eine irländische Studie des Anti-Bullying Centre der Dublin City University bestätigt aber genau dies.

Mittlerweile wissen wir, dass es gerade während des ersten Lockdowns deutlich mehr Unterstützung für Kinder und Jugendliche gebraucht hätte. Spätestens jetzt sollte allen bewusst sein, dass das Thema nicht länger in der Schublade verschwinden darf.

 

o2: Cybermobbing ist kein Kavaliersdelikt, sondern in einigen Fällen sogar strafbar. Die Verfolgung gestaltet sich jedoch häufig schwierig. Macht eine Strafanzeige hier überhaupt Sinn?

Ja, eine Strafanzeige macht in harten Fällen durchaus Sinn. Ist gibt einige Straftatbestände, unter die Cybermobbing fallen kann. Auch wenn sich die Justiz noch immer mit der Verfolgung schwertut, können immer mehr Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Mein Tipp an Betroffene: Immer Screenshots von den Nachrichten und dem belastenden Material machen. Diese sind als Beweismittel besonders wichtig.

 

Vielen Dank Lukas für das interessante Interview.

 

Habt ihr den ersten Teil des Interviews verpasst? Lest gleich weiter. In unserer o2 News “Digitales Engagement gegen Cybermobbing - Interview mit Lukas Pohland (Teil 1)” erfahrt ihr, Warum der 16-jährige Schüler sich für das Thema stark macht und was wir alle von ihm lernen können.

Hier findet ihr weitere Informationen über unsere Initiative #WAKEUP – für mehr Fairness im Netz.

Zu den sogenannten eduStories, also zu digitalen Lernmodulen mit Fokus auf Cybermobbing haben wir euch ebenfalls Infos zusammengestellt “eduStories: Mit digitalen Lernmodulen Cybermobbing begegnen.

 

Habt ihr auch schon mal Erfahrungen mit Mobbing im Internet gemacht? 

Hier findet ihr weitere Informationen über unsere Initiative #WAKEUP – für mehr Fairness im Netz. Klickt euch rein, macht euch Stark - it’s time to #WAKEUP.

 

Bilder: o2

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