In den vergangenen Woche bekam ich die Möglichkeit die für mich allerersten Schritte im Bereich 3D-Druck zu gehen.
Da der Drucker hier in der Community bereits einige Male getestet wurde, beschränke ich die klassische Unboxing-Einleitung auf einen Hinweis auf die wirklich tollen Testberichte von
Im folgenden Text soll es um das gehen, was einen (3D-)Drucker ausmacht: Nämlich das Druckerlebnis an sich. Wie ich in den letzten Wochen lernen musste, inklusive dazugehöriger Emotionen wie Freude, Überraschung, Frust und Leid.
EINLEITUNG
Zunächst sollte man wissen, dass ein 3D-Drucker nicht einfach nur das dreidimensional-druckende Pendant zu einem normalen Drucker ist. An dieser Stelle sei erwähnt, dass ich eben jene normalen Drucker abgrundtief hasse. Selbst als gelernte IT-Fachkraft bin auch ich nervlich am Ende, wenn der Drucker mal wieder streikt. Viele negative Erfahrungen mit Druckern haben mich in den letzten Jahrzehnten geprägt. Und dennoch freute ich mich riesig, als ich erfahren habe dass ich das erste mal mit einem 3D-Drucker hantieren darf.
Natürlich hatte ich im Vorfeld einige Ideen, was ich mit dem Drucker so anstellen würde. Aber ich musste mich in der Vergangenheit nie explizit in das Thema einarbeiten. Denn wie erwähnt ist es nicht wie bei einem normalen Drucker: Einfach anschließen und ausdrucken. Ein 3D-Drucker (vor allem aber auch der Anycubic i3 Mega S) benötigt zunächst eine mehr oder weniger umfangreiche Kalibrierung, sowie umfassendes Know-How des Anwenders. Und so war also (endlich) der Zeitpunkt gekommen um tief in dieses „Rabbithole“ einzutauchen. Schon nach wenigen Tagen war ich so tief in diesen Kaninchenbau eingedrungen, dass ich schon gar kein Tageslicht mehr sehen konnte. Ich konnte mich plötzlich fließend in PLA, PVB, STL und OBJ unterhalten. Meine Frau sah mich an, als käme ich von einem anderen Stern.
Aber warum muss man sich plötzlich mit so vielen dreistelligen Abkürzungen auseinander setzen? Zum Vergleich: Um auf einem normalen Drucker etwas auszudrucken, benötige ich bspw. eine Word-Datei in der ich mein Druckerzeugnis vorbereite.
Das Äquivalent beim 3D-Druck wäre eine STL- oder auch eine OBJ-Datei. In sämtlichen gängigen 3D-Grafikprogrammen lassen sich solche Dateien erstellen. Sobald man mit seinem virtuellen Ergebnis zufrieden ist, muss dieses Dateiformat noch druckbar gemacht werden. Diesen Vorgang nennt man „slicen“. Wie der Begriff schon vermuten lässt, wird (durch eine weitere Software) das 3D-Objekt in Scheiben geschnitten, da der 3D-Drucker letztendlich Scheibe für Scheibe aufträgt. So weiß der Druckkopf dann genau wie er sich zu bewegen hat und an welchen Stellen er wie viel Material „ausspucken“ muss.
EINRICHTUNG
Nachdem ich die Theorie also soweit verstanden hatte, konnte es endlich mit dem ersten Druck losgehen. Zuvor muss gemäß Anleitung das Druckbett (also die Bodenplatte, auf der gedruckt wird) nivelliert werden. Man soll also eigentlich nur dafür sorgen, dass die Platte gerade ausgerichtet ist, damit die erste Schicht gleichmäßig gedruckt wird. Dem Drucker beiliegend ist nur eine recht wenig aussagekräftige Kurzanleitung. Das deutlich umfangreichere PDF-Manual von der Hersteller-Website bietet zwar mehr Inhalt, ist aber an einigen Stellen ebenfalls dürftig beschrieben. Für absolute Anfänger in der Thematik ist das eine teils frustrierende Herausforderung.
Gemäß Anleitung hat man nun ein Blatt Papier auf das Druckbett zu legen, den Druckkopf in eine sehr niedrige Position zu bringen und kann dann anhand von Stellschrauben am Druckbett, dieses entweder nach oben oder unten bewegen. Das Ziel soll sein, dass das Papier „mit Widerstand“ unter dem Druckkopf weggezogen werden kann. Der Druckkopf soll also nahezu auf dem Boden aufliegen.
Auch dieser Punkt ist total frustrierend und ehrlich gesagt auch total albern. Warum kann der Druckkopf nicht von sich aus den Abstand zur Druckplatte kennen? Die Beschreibung des Herstellers zur Kalibrierung ist einfach zu ungenau. Was bedeutet „mit Widerstand“ Papier durchziehen? Wie viel Widerstand? Was für Papier? (80g/mm2?) Sollen Furchen im Papier entstehen? Oder soll der Druckkopf nur leicht in Berührung kommen?
Wie sich später herausstellen sollte, ist die Nivellierung für ein gutes Druckergebnis essentiell und daher erschließt sich mir nicht, wieso dieser Punkt so unnötig kompliziert ist.
DER ERSTE DRUCK
Nachdem nun die Nivellierung abgeschlossen wurde, konnte es endlich losgehen mit dem ersten Druck. Man hat entweder die Möglichkeit den Drucker per USB anzuschließen oder die Datei(en) auf einer SD-Karte abzuspeichern. Letzteres wird vom Hersteller empfohlen. Grund ist hier, dass der Druck bei Verbindungsproblemen unterbrochen und damit auch ruiniert werden kann. Generell sagt der Hersteller, der Anschluss via USB sei nur für Profis. Während des Tests habe ich daher die Finger davon gelassen und ausschließlich via SD-Karte gedruckt
An der Stelle sei erwähnt, dass die beiliegende SD-Karte eine der langsamsten Karten ist, die ich je in den Händen hielt. Eine druckfertige Datei im .gcode-Format ist zwischen einigen Hundert KB und wenigen einstelligen MB groß. Die Übertragung solch einer Datei dauerte schon mal 10 bis 30 Sekunden. Kein Weltuntergang, aber in der heutigen Zeit unglaublich nervig.
Gemäß Anleitung soll man eine Datei drucken, die sich auf der Karte befinden soll. Allerdings hat der vorherige Tester wohl diese Datei gelöscht. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschieden direkt das erste eigene Projekt anzugehen: Ein 3D-Modell von Alpha, einem Chocobo aus Final Fantasy 14. Und das Ergebnis nach rund 6 Stunden Druckzeit konnte sich auf den ersten Blick sehen lassen:
Das Drucken an sich hat etwas unglaublich beruhigendes. Auch wenn es vermutlich ähnlich ist, wenn man einer Waschmaschine beim waschen zuschaut, aber die ruckartigen, zielgenauen Bewegungen des Druckkopfs sind echt faszinierend.
Was wiederum stört, ist die Lautstärke des Druckers. Lt. Messung meiner Smartwatch liegt die Lautstärke während des Drucks bei rund 60dB. Konzentriertes Arbeiten in unmittelbarer Nähe ist wenn überhaupt nur mit Noise-Cancelling-Kopfhörern und passender Musik möglich. Ebenfalls sehr laut ist das Lüftergeräusch zu Beginn des Aufwärmens. Dieses wurde bereits in vorherigen Berichten angesprochen und klingt meiner Meinung nach eher nach einem Defekt.
Schaut man sich das Druckergebnis etwas genauer an, findet man doch einige Problemstellen. Immerhin dachte ich, man könne den 3D-Drucker auch für filigranere Modelldrucke nutzen. Sichtbar sind jedoch dünne Kunstofffäden - im 3D-Druck-Fachjargon spricht man vom „stringing“. Ebenfalls klar sichtbar sind Lücken zwischen den einzelnen Schichten. Einige Stunden Recherche führten zu dem Ergebnis, dass man offensichtlich mit den Einstellungen des Drucks rumspielen muss.
KALIBRIERUNG
Und hier kommen wir zu dem großen Nachteil dieses Druckers: Dem Frustrationsfaktor bei der Suche nach den perfekten Einstellungen. Natürlich war mir klar, dass man nicht einfach per Knopfdruck perfekte 3D-Modelle bekommt. Aber den tatsächlichen Aufwand bei der Suche zu den perfekten Druckeinstellungen habe ich komplett unterschätzt. Je nach Material benötigt man unterschiedliche Druck-Temperaturen. Hier können 5°C mehr oder weniger einen riesigen Unterschied machen. Je nach Schicht lassen sich diese noch einstellen. Bei falscher Temperatur leidet also die Druckqualität.
Zusätzlich dazu ist entscheidend wie der Drucker bei Bewegungen umgeht. Die sogenannte „Retraction“ sagt, wie viel Material der Drucker zurückzieht, bevor sich der Druckkopf erneut in Bewegung setzt. Das darf erst ab einer bestimmten Distanz passieren, die der Druckkopf zwischen zwei Druckpunkten zurücklegt. Ansonsten leidet die Druckqualität. Ebenfalls muss die Geschwindigkeit des Zurückziehens stimmen, diese darf nämlich nicht zu schnell und auch nicht zu langsam sein. Ansonsten leidet die Druckqualität. Ebenfalls darf die Menge des zurückgezogenen Materials nicht zu viel und auch nicht zu wenig sein. Ansonsten leidet die Druckqualität. Ihr versteht worauf ich hinaus will…
Sämtliche dieser Einstellungen lassen sich pro Druckdatei festlegen. Und hier spricht man buchstäblich jeweils von Millimeter-Entscheidungen.
Was nach dem ersten Modell folgte, war eine komplette Woche (!) an reinen Test- und Kalibrierungsdrucken. Hierzu gibt es spezielle Druckvorlagen auf Plattformen wie thingiverse. Also hieß es Datei drucken, Einstellungen merken/dokumentieren, überprüfen ob das Druckergebnis besser oder schlechter wird, dann die Einstellungen enstprechend anpassen und wieder von vorn.
Hier ist mal ein kleiner Überblick verschiedener Testdrucke die sich nach ein paar Tagen angesammelt haben:
FORTSETZUNG FOLGT (mein Beitrag ist zu groß)