Nun hat es leider doch etwas länger gedauert, aber gut Ding will manchmal weile haben.
Fangen wir also an mit dem äußeren:
Das Mi9 kommt im 19,5:9 Formfaktor, einer in Gorilla Glas 6 gepackte Frontseite und Gorilla Glas 5 Rückseite und „kurvigen“ Kanten.
Verglichen mit einem Honor 8, was mir teilweise einfach vom Tisch gerutscht ist, ist die Glasrückseite des Mi 9 nicht ganz so rutschig – sie ist es allerdings trotzdem noch und so sehr, dass ich das Gerät fast die gesamte Zeit im Silikon-Bumper hatte. Was schade ist, denn die kurvigen Kanten auf der Rückseite schmeicheln der Hand sehr – zu sehr und ich hatte immer das Gefühl, dass mir das Mi 9 sofort aus der Hand rutschen könnte. Gerade im Bett beim YouTube über Kopf gucken habe ich das Gerät viel zu fest umklammert, was recht schnell zu unschönen Schmerzen führt. Ein weiter Nachteil der Glasrückseite – besonders wenn das Mi 9 in Piano-Black daher kommt – sind Fingerabdrücke und sehr schnell sichtbare Mikro-Kratzer.
Schade ist, dass selbst mit Silikon-Bumper die Kamera so weit raus schaut und damit das Mi 9 beim darauf herum tippen immer noch auf dem Tisch herum wackelt. Der reflektierende Ring rund um den 48 Megapixel Hauptsensor ist ein nettes Gimmick . Je nach Lichteinfall wird das Licht in einer anderen Farbe reflektiert. Das äussere lässt sich als „Hübsch, aber eher unpraktisch“ zusammenfassen.
Auf der Frontseite lässt sich ausser Display und Tropfen-Notch nichts erkennen. Mir persönlich gefällt die Tropfen-Notch nach dem Test leider nicht, auch wenn man mehr platz hat kann ich mich nicht an den Look gewöhnen. Vorne sind die Ränder rund ums Display leider so dünn, dass ich in Verbindung mit dem längeren Formfaktor tatsächlich Probleme mit meinem Handballen hatte, der öfters als Touch registriert wurde.
Das der AI-Button auf der gleichen Höhe ist, wie der Lock-Button ist leider auch ein Minuspunkt für mich, denn ich hab leider die (für mich Nutzlose) AI-Funktion des öfteren aus versehen ausgelöst.
Weiter nach innen:
Bevor wir ins Gerät kommen, müssen wir es im Normalfall entsperren. Das Mi 9 hat einen Fingerabdrucksensor unterm bzw. im Display. Mein aktuelles Motorola Z2 Force hat seinen Fingerabdrucksensor vorne und am unteren Rand. Das oben schon erwähnte Honor 8 hatte Ihn auf der Rückseite und da im Büro das Gerät sehr oft auf dem Tisch liegt, stört es mich doch sehr, das Gerät hoch heben zu müssen. Fingerabdrucksensoren im Display sind allerdings in den meisten Fällen optisch und damit langsamer. Zu meinem erstaunen war der FPR allerdings sehr schnell – sofern das Display sauber ist. Nach etwas längerer Benutzung fällt allerdings schnell auf, dass er immer ungenauer wird, bis er irgendwann gar keinen Finger mehr erkennt und man das Display Putzen muss. Das Display ist hell und kann als OLED Schwarz auch wirklich als Schwarz darstellen. Leider lässt die Auflösung sehr zu wünschen übrig. Mein Z2 Force hat zwar „nur“ ein 1440p OLED Display, das Mi 9 hat aber effektiv nur Full-HD Auflösung und beim normalen Nutzen fällt der Unterschied kaum auf – bei oben genannten Bett-YouTube-Sessions fällt der Unterschied aber doch deutlich auf, vor allem auch deshalb, weil die YouTube App keine höhere Auflösung als Full-HD zulässt. Gleiches gilt für Netflix und Co. Und obwohl ich Fan von satten und knalligen Farben bin, übertreibt es Xiaomi hier in der Grundeinstellung etwas. Das kann man aber in den Einstellungen etwas ändern...
Sind wir aber erst mal drinnen, erwartet uns MIUI 10. Ohne ins Detail zu gehen, bin ich großer Freund von Stock-Android. MIUI 10 hat mich positiv überrascht, würde mich aber nicht davon abhalten dem Gerät LineageOS oder ähnliches zu spendieren. Allen voran wegen der Gestensteuerung. Auch wenn Google mit Android 10 eine sehr ähnliche Gestensteuerung eingeführt hat, gefällt mir die von Android 9 erheblich besser. In diversen Dingen ist ein Tipp einfach schneller, als ein Swipe – das Zurück springen per Zurück-Button oder auch das zurück Springen auf den Home-Screen.
Das 24-Stunden Hintergrundbild ist allerdings eine nette Sache, dieses ändert sich je nach Tageszeit. Der Appswitcher ist leider auch nichts für mich – mir persönlich ist er schlicht zu Überfrachtet.
Der Snapdragon 855 ist zwar der momentane „King“ in Single-Core Performance in den meisten Smartphones, allerdings laufen die restlichen 3 bzw. 4 Kerne mit erheblich weniger Takt – effektiv ist der 855 nicht wirklich schneller, als der 835 in meinem Z2 Force, denn der „darf“ mit 2,45 GHz auf den 4 schnellen Kernen und 1,9 GHz auf den 4 langsamen Kernen laufen. Der Unterschied war Leitungsmäßig nur in Sachen Grafikpower deutlich. Die Adreno 640 ist fast doppelt so schnell, wie die 540. Da ich aber persönlich keine Spiele auf dem Smartphone spiele, sind mir da die jeweiligen 4k-Encoding Möglichkeiten wichtiger. In der Hinsicht gibt es aber keinen Unterschied zwischen der 640 und der 540. Allerdings kann man hier wohl sagen „Leistung ist definitiv ausreichend“. Ein weiterer, großer Vorteil ist, dass die 7 Nanometer deutlich weniger Strom verbrauchen und weniger Abwärme Produzieren. Das Mi9 wird selbst im Stresstest nicht wirklich heiß.
Die Kamera:
Einer der größten Punkte – und einer der enttäuschendsten – ist die Kamera des Mi9. Trotz der Abneigung gegenüber MIUI 10, hätte ich mich womöglich damit Anfreunden können oder darüber hinwegsehen können. Wenn die Kamera das halten würde, was sie verspricht.
Das tut sie meiner Meinung nach leider nicht. Die Rauschreduktion in Nachtfotos ist Desaströs und lässt sich leider auch nicht abschalten. Die Bilder sind extrem matschig und da dem Mi 9 – im Gegensatz zum Mi 8 wohlgemerkt – jegliche optische Bildstabilisatoren fehlen, zwingt die Software die Kamera in hohe ISO Werte und bleibt bei relativ schnellen Verschlusszeiten von über 1/33s. Die Farbdarstellung ist zwar relativ gut, aber der Verlust an Details ist leider sehr unschön und ein No-Go.
Installiert man sich den Google Camera Mod für das Mi 9 werden die Ergebnisse zwar besser, sind aber immer noch weit weg von Samsung, Huawei, Google Pixel und Co. Selbst mein Z2 Force schießt bessere Nachtfotos (mit GCam Mod, zugegebenermaßen).
Tagsüber sieht das allerdings dann doch etwas anders aus. Die Telefoto-Linse lass ich jedoch außen vor, denn meiner Meinung nach sind 2x Optischer Zoom nicht wirklich erwähnenswert. Die 48 MP Option genau so, denn das was dann da in der Galerie landet ist die 20 MB Bildgröße nicht wirklich wert. Die Bilder sind sehr weich, es fehlen Details und trotz dieser beiden Dinge rauschen die Bilder selbst bei Sonnenschein und blauem Himmel.
Die Weitwinkelkamera jedoch macht schöne Fotos, trotz etwas weichen Ecken und sichtbarer Verzerrung. Ein paar Testfotos werde ich noch nachliefern.
Alles in allem muss ich leider sagen, dass das Mi 9 für mich aus diversen Gründen nichts ist. Das Pixel 4 wäre sicher auch interessant gewesen, wenn es einen Fingerabdrucksensor hätte. Schade, dass ein Gigaset höchstwahrscheinlich keine Modding-Community bekommen wird.
Ich bedanke mich noch mal bei der O2 Community, die es mir ermöglicht haben das Mi 9 zu testen und mich vor einer Enttäuschung zu bewahren und entschuldige mich dafür, dass es nun doch mehr als 2 Monate gedauert hat, bis ich diesen Testbericht geschrieben habe.