Vor zwei Jahren hatte ich mir die Supersoco Cux gekauft. Ein schönes kleines und wendiges „Mopedchen“. Immer treu und zuverlässig. Und es war mein Einstieg in die E-Mobilität. Doch… ist man mit ihr, so man sie nicht entdrosselt (was ja verboten ist), langsam um die 45 bis 48 km/h unterwegs.
Ok, in den meisten Fällen fällt es in Berlin nicht sooo auf. Doch wurde in mir der Wunsch nach einem anderen Roller geweckt (typisch Mann! Egal wie alt).
Also umgeschaut und umgeschaut und verglichen. Da waren der Horwin EK1, der UNU 2 usw. im Blick. Aaaber, warum einen 45er Roller kaufen, wenn man doch einen Führerschein auch für Motorräder aller Größen hat?
Hm, gefallen hat mir der Niu MQI GT 70 km/h. So für die Stadt. Habe diesen dann Mitte Juni bestellt. Sollte etwa 20. Juli dieses Jahres geliefert werden. Doch sollte, heißt nicht, er kommt dann auch. Denn bekannter Maßen gab es große Probleme mit den Containerschiffen aus China. Sie stauten sich in der Nordsee.
Dann stolperte ich zufällig auf der Website meines Händlers über den Niu NQI GT/S 2022 mit 80 km/h, der sofort lieferbar sei. Viele Testfilmchen habe ich im Internet gefunden. Insbesondere ein Testbericht aus Thailand, der über eine halbe Stunde geht, hat mich dann endgültig überzeugt. Also per Mail beim Händler angefragt, ob ich die Bestellung umändern kann. Nur wenige Minuten später war es erledigt. Zitat: Der Roller wird morgen geliefert, wird für mich reserviert usw. Juchhuh!!!!
Da in Berlin aber alle Termine bei den Zulassungsstellen für die nächsten Wochen ausgebucht waren, nahm ich das Angebot an, gegen ein Entgelt den Zulassungsservice zu nutzen.
Also am Tag darauf alle erforderlichen Unterlagen zum Händler geschleppt. Und? Er stand schon da, der Roller! Vollständig zusammengebaut. Hatte schon meinen Namen auf dem Spiegel. Aber… wehleidig ihn anblickend verließ ich den Laden mit dem Gedanken: Bald, ja bald ist er meiner! Doch auch die Zulassungsdienste benötigen so ihre Zeit - Welch eine Marter, diese Warterei! Der tägliche Blick in die E-Mails kann schon nerven. Aber der Eine oder Andere von Euch wird es ebenfalls kennen und erlebt haben.
Inzwischen hatte ich meine CUX verkauft und damit einen anderen Fan der E-Mobilität glücklich gemacht. Wehleidig schaute ich anderen E-Rollerfahrern hinterher. Seufz!
Dann endlich die erlösende Mail, das Schild wäre da und der Roller kann abgeholt werden. Dumm nur, an dem Tag des Eingangs der Mail hatte der Händler geschlossen. Also noch einen Tag warten.
Dann war es soweit. Ich stürmte in den Laden. Ein junger Verkausberater war gerade dabei den Roller noch einmal zu putzen. Gerne wollte er mir alles erklären, jedoch war mir die Bedienung bestens bekannt (Warum wohl?). Die Akkus waren auf 96 Prozent geladen. Somit konnte ich mit dem Roller raus in die Hitze (33 Grad) und erst einmal nach Hause.
Doch ich möchte Euch nicht länger auf die Folter spannen. Was mir bei der Heimfahrt auffiel: Der Roller entwickelt eine starke Beschleunigung. Da ich bereits Erfahrungen mit dem Fahren von Elektromotorrollern durch meine CUX hatte, hat es mich nicht vom Sitz gefegt (ich weiß, klingt übertrieben). Doch die Beschleunigung beim Anfahren beeindruckte mich. Es war kein Vergleich zu meinem vorherigen Roller. An Kreuzungen war ich somit der Erste, der bei Grün weg war. Und im fließenden Stadtverkehr war ich kein Hindernis mehr, auch konnte ich nun die sogenannten langsamfahrenden Stadtbesichtiger mit ihren Autos unkompliziert überholen.
Hatte ich vorher etwas bedenken, mit meinen langen Beinen klarzukommen, denn immerhin messe ich von den Fußsohlen bis zur Schädeldecke stolze 1,88 Meter, so hat sich dieses bei der ersten Fahrt gleich in Luft aufgelöst, denn die Sitzhöhe ab Straße beträgt 816 Millimeter. Obwohl sich unter dem Fußraum ebenfalls ein Akkufach, zusätzlich zu dem unter dem Sitz, befindet, habe ich genug und ausreichend Platz.
Also muss ich mich nicht auf dem Sitz einklemmen oder meine Beine als zusätzliche Tragflächen spreizen.
Gegenüber der CUX wirkt dieser Roller größer, länger und breiter. Er hat 14-Zoll-Räder und ist 1,89 Meter lang. Mit 18 cm unter dem Trittbrett ist genug Luft für Kurvenfahrten, ohne das etwas auf dem Asphalt kratzt und man somit den berühmten Abflug macht.
Der Roller verfügt er über zwei Akkus. Und jeder wiegt sein Gewicht. Das sind mal so locker zwei Mal 12 Kilogramm, die man entnehmen kann, um diese in der Wohnung aufzuladen, so man keine Möglichkeit dafür in seiner Garage oder am Stellplatz hat. (Nach ein paar Wochen spüre ich so langsam den Muskelaufbau - auch gut).
Ach so Aufladen: Mitgeliefert wird ein Schnellladegerät mit 12A Ladestrom und ein sogenannter Splitter, damit können beide Akkus zeitgleich in kurzer Zeit aufgeladen werden.
Da wir gerade bei den Akkus sind: Ich habe die Standard-Range-Version genommen, mit zwei 60V-26Ah-Akkus. Die Reichweite soll so etwa 70 bis 80 Kilometer, je nach Körpergewicht und Streckenlage betragen. Konnte ich derzeit aber noch nicht austesten. Was ich testen konnte: Die Höchstgeschwindigkeit beträgt laut Tacho 89 km/h und laut GPS 86 km/h. Eine ausreichende Geschwindigkeit, wie ich meine, um mal auch kurz über die Berliner Stadtautobahn (zugelassene 80 km/h) zu fahren.
Der Roller verfügt über drei sogenannte Modi: E-Save—Modus, Dynamic und Sport. Im E-Save-Modus-Modus erreicht er maximal 25 km/h, im Dynamic-Modus 56 km/h und im Sport-Modus 86 km/h (alle Angaben lt. GPS).
Man kann diesen Roller auch mit nur einem Akku betreiben. Dann funktioniert maximal der Dynamic-Modus.
Begeistert bin ich vom Display. Es zeigt mir alle notwendigen Informationen an. Also nicht nur die Geschwindigkeit oder den Ladestand der Akkus an, sondern auch, wieviel kW im Moment verbraucht werden. So zeigte es mir bei der zügigen Beschleunigung auf die Höchstgeschwindigkeit 6 kW (also 9 PS) an, wobei laut technischer Daten 4,6 kW für 30 Minuten möglich sind.
Ein leichtes Lächeln kommt bei mir immer wieder auf, so an der Kreuzung neben mir jemand mit seinem „Knattertöffchen“ steht, von oben herab auf mich blickt, bei grün losknattert, während ich schon weit weg bin. Warum ist das so? Nun, der Motor befindet sich im Hinterrad, es gibt keine weiteren Übertragungswege. Habe irgendwo gefunden, dass dieser Motor einen Drehmoment von etwa 51 Nm hat (für die Richtigkeit kann ich mich nicht verbürgen), was beachtlich ist.
Klar hat dieser Roller auch noch einen Zündschlüssel und dazu eine Fernbedienung. Doch dient der Zündschlüssel nur zum Entsperren der Lenkersperre und zum Öffnen der Sitzbank bzw. der Akkuklappe im Fußraum. Ansonsten wird alles über die Fernbedienung vorgenommen. Ein Starten des Rollers mittels Zündschlüssel geht nicht und ist auch nicht vorgesehen.
Auch gibt es eine App. Mit dieser kann man alle wichtigen Informationen zum Roller erhalten, denn dieser verfügt über ein GSM- und GPS-Modul. Wobei ersteres die Verbindung zum Server in China hält.
Da es vorne klapperte, bin ich dann auf die Suche gegangen und fand die Übeltäter. Ich weiß nicht, wie die Straßen in China sind, aber die Steckverbinder sind lose ohne Dämmung in der Front unterbracht, was ich dann erst einmal geändert habe, in dem ich diese mit etwas Schaumstoff umwickelte, was zu einer starken Reduzierung führte. Mein Nachbar, der mich dabei beobachtete, merkte an: „Ist halt ein China-Roller!“ Nur gut, dass er nicht sagte: „Ein China-Kracher.“, denn das ist ja nun wohl nicht, denn er fährt nahezu lautlos durch die Straßen, nur ein leises Surren ist zu hören.
NIU hat dem Blinker zwei Funktionen erteilt. Die eine ist der Blinkerton, den man ändern kann. Habe ich auch gleich gemacht, da er werkseitig eingestellte an den Warnton einer Bahnschranke erinnerte. Und auch schaltet sich der Blinker nach dem Abbiegen alleine ab, meistens jedenfalls. Doch verlassen sollte man sich also bei Letzterem nicht darauf. Ich bin es gewohnt diesen generell selber auszuschalten. Ist bei mir schon ein Reflex.
Und wie sind die Nachtfahrten? Also, das Licht ist aus meines Sicht sehr gut. Es handelt sich um einen LED-Scheinwerfer. Laut Hersteller wurde an der Helligkeit weiter gefeilt. Nun, ich habe keinen Vergleich zu den älteren Fahrzeugen, kann es also nicht einschätzen. Auch die Rückleuchte, das Bremslicht und das Blinklicht sind auf Basis LED und sehr gut sichtbar.
Ausgestattet ist der Roller ebenfalls mit einer Alarmanlage, die man nicht gesondert einschalten muss, denn hat man den Roller abgestellt, die Lenkradsperre eingeschaltet und schalten den Roller über den roten Knopf an der Fernbedienung aus, so schaltet sich diese nach einer kurzen Zeit automatisch ein und hält Neugierige, die mal eben etwas anfassen müssen, davon ab. Lässt sich aber auch abschalten.
Selbst über einen Tempomat verfügt der NIU. Ich denke, das ist praktisch für längere Strecken mit gleichbleibender Geschwindigkeit.
Einige Motorrollerfahrer kennen es, das Lenkerflattern. Das konnte ich jedoch zum Glück bei meinem nicht feststellen. Er läuft ruhig und bleibt immer schön in der Spur.
Und was ist mit Stauraum? Hm, einfachgesagt: Nix. Unter dem Sitz nimmt der Akku den Platz weg. Meine Lösung: Ein Rucksack. Man könnte auch ein Topcase anbauen. Das wollte ich aber nicht.
Inzwischen habe ich fast 400 km runter und kann sagen: Es macht mir einfach Spaß damit zu fahren.
Und noch eines: Lächelnd fahre ich an den Tankstellen vorbei, auch wenn der Strompreis etwas angestiegen ist.