#WirBleibenZuhause – aber nicht allein. In Zeiten von Social Distancing gibt es auch für die Singles unter euch gute Nachrichten. Denn: Online-Dating ist gerade angesagter denn je. Mit drei Milliarden sogenannter Swipes verzeichnete die Dating-App Tinder Ende März sogar einen neuen Rekord. Warum Online-Dating derzeit so beliebt ist, verrät der Single-Coach und Dating-Experte Eric Hegmann im Gespräch mit uns. Außerdem erklärt er, wie sich das Flirt-Verhalten verändert und wie ihr auf kreative Weise jemanden kennenlernen könnt. #WeStayConnected
Herr Hegmann, Online-Dating-Plattformen wie Tinder oder Parship verzeichnen derzeit eine erhöhte Aktivität ihrer Mitglieder. Wie erklären Sie sich, dass Online-Dating gerade so boomt?
In der jetzigen Situation, die noch niemand so erlebt hat und vielen Angst bereitet, wünschen sich die meisten Menschen Beistand. Bei vielen Singles, die gerade in ihrer Wohnung eingeschlossen sind, entsteht ein Gefühl von Einsamkeit – daher ist es völlig logisch, dass sie sich nach Nähe sehnen. Weil körperliche Nähe derzeit nicht möglich ist, wünschen sich viele Menschen emotionale Nähe. Eine Beziehung verspricht genau dies – in ihr wünschen wir uns angenommen und begehrt zu werden, und sie bedeutet auch, jemanden zu haben, der einem helfen kann, wenn man alleine nicht weiterkommt.
Ich sehe es als Segen an, dass wir im virtuellen Raum – also dort, wo wir uns die ganze Zeit aufhalten – Kontakte knüpfen und vertiefen können.
“Singles berichten mir, dass die Gespräche tiefgründiger werden”
Was denken Sie: Wie verändert sich das Dating-Verhalten durch die derzeitige Ausnahmesituation?
Singles berichten mir, dass die Gespräche tiefgründiger werden – das ist nachvollziehbar, weil Small Talk eben nicht gegen Einsamkeit hilft. Sondierungsthemen wie die Lieblingsmusik oder Hobbys sind derzeit eher nachrangig. Man fragt den anderen eher: Wie geht’s dir in dieser Situation?
Dadurch ist man sofort auf einer emotionalen Ebene, und die schafft viel mehr Verbindung. Die Grundlagen für einen Flirt – also das Spiel des Kennenlernens und die Frage, was haben wir für Gemeinsamkeiten – sind somit schneller geschaffen als sonst. Was ich auch von Singles als Rückmeldung bekomme: Die Anzahl der parallelen Dates ist nicht mehr so groß. Es scheint, als würde man sich auf wenige Kontakte fokussieren und diese dafür tiefgründiger angehen. Das ist nachvollziehbar: Schnelle Treffen, die oft auf oberflächlichen Gesprächen beruhen, sind derzeit einfach nicht möglich.
Gewinnt das Online-Dating also insgesamt an Tiefe?
Es gibt nicht das Dating, sondern nur Menschen, die daten – es ist eine Typ-Frage, ob sie eine Affäre oder etwas Tiefgründigeres suchen. Dennoch glaube ich, dass zurzeit mehr Menschen tiefgründigere Verbindungen suchen und nicht nur Flirts zur Unterhaltung.
Was man feststellen kann: Es wird mehr telefoniert und vor allem Videotelefonie boomt – es kann sogar eine kleine Evolution der Kommunikationsmittel beim Flirten festgestellt werden: Vom Chatten über Telefonieren zum Videotelefonieren. Letzteres ist noch mal deutlich intimer, weil man jemanden zu sich in die Wohnung lässt.
“Singles werden unglaublich kreativ, um sich kennenzulernen. Sie schauen gemeinsam Online-Konzerte oder eine Serie an, kochen zusammen.”
Apropos Videochat: Im Vergleich zum ersten Offline-Treffen – was sollten Singles hier beachten?
Wer weiß, vielleicht hätten Dates früher gar nicht stattgefunden, wenn man vorher mal telefoniert oder die Möglichkeit des Videochats genutzt hätte. Was daraus wird, kann man aber nach drei Wochen wirklich noch nicht sagen.
Was ich beobachten kann: Dass Singles unglaublich kreativ werden, um sich kennenzulernen. Sie schauen gemeinsam Online-Konzerte oder eine Serie an, kochen zusammen – viele Dinge, die uns Fernbeziehungspaare schon vorgemacht haben. Diese müssen ja zwangsläufig sehr kreativ sein, um die räumliche Distanz zu überbrücken. Ich finde, dass die digitalen Möglichkeiten sehr spannend und bereichernd für das Dating sind.
Was meinen Sie: Wird sich das Dating-Verhalten durch Corona nachhaltig verändern?
Ich denke, dass digitale Trends wie Videotelefonie bleiben werden. Das ewige Chatten lässt viele Fragen offen und man unterbricht das Gespräch mitunter für mehrere Stunden. Das ist beim Videotelefonat nicht möglich, hier ist eine andere Verbindlichkeit und Verlässlichkeit vorhanden. Ich denke, es würde dem Online-Dating generell guttun, wenn es etwas verbindlicher wird. Denn gerade die Unverbindlichkeit wird von vielen Singles oft beklagt.
Herr Hegmann, vielen Dank für das Gespräch.
Was habt ihr für kreative Online-Dating-Ideen? Schreibt es uns gerne in die Kommentare.
Titelbild: Marian Sturm